28  Der t-Test

Letzte Änderung am 23. April 2024 um 10:31:50

“You cannot be a powerful and life-changing presence to some people without being a joke or an embarrassment to others. — Mark Manson

Was macht der t-Test?

Der t-Test vergleicht zwei Mittelwerte, gewichtet nach der Standardabweichung und der Fallzahl, miteinander. Etwas statistisch genauer vergleicht der t-Test die Parameter zweier Normalverteilungen miteinander.

Der t-Test ist der bedeutende Test, wenn es um das Verständnis der Algorithmen und Konzepte in der Statistik geht. Wir haben den t-Test schon genutzt um die Idee des statistischen Testens zu verstehen und wir werdend den t-Test auch im statistischen Modellieren wiedertreffen. Dort finden wir aber die Teststatistik des t-Tests. Wir werden dort nicht direkt den t-Test rechnen sondern das Konzept des t-Tests wieder nutzen.

Was macht also der t-Test? Der t-Test vergleicht die Mittelwerte zweier Gruppen miteinander. Das heißt wir haben zwei Gruppen, wie Hunde und Katzen, und wollen nun wissen wie sich die Sprungweiten der Hundeflöhe im Mittel von den Katzenflöhen unterscheiden. In R hätten wir damit einen Faktor mit zwei Leveln vorliegen. Darüber hinaus nimmt der t-Test implizit an, das unser Outcome \(y\) normalverteilt ist. Die Varianzen können in beiden Gruppen gleich sein, dann sprechen wir von homogenen Varianzen oder Varianzhomogenität. Wir können den t-Test aber auch mit ungleichen Varianzen in beiden Gruppen rechnen, dann sprechen wir von heterogenen Varianzen oder eben Varianzheterogenität. Wir nutzen dann den Welch t-Test.

Nun ist es so, das wir häufig einen t-Test verwenden müssen, wenn unsere Fallzahl \(n\) sehr klein wird, da nicht-parametrische Methoden dann algorithmisch nicht mehr funktionieren. Hier hilft dann als wissenschaftliche Quelle die Arbeit von Rasch u. a. (2007), die auch unter dem Titel The Robustness of Parametric Statistical Methods frei verfügbar ist. Wichtig ist eigentlich nur das folgende Zitat aus dem Abstrakt der wissenschaftlichen Arbeit.

“All the results are that in most practical cases the two-sample t-test is so robust that it can be recommended in nearly all applications.” — Rasch u. a. (2007)

Unter den meisten Bedingungen ist der t-Test robust gegen die Verletzung der Normalverteilungsannahme. Wenn wir Varianzheterogenität vorliegen haben, dann können wir ja den Welch t-Test rechnen. Aber auch hier ist es dann wichtig auf den konkreten Datenfall zu schauen.

28.1 Genutzte R Pakete

Wir wollen folgende R Pakete in diesem Kapitel nutzen.

pacman::p_load(tidyverse, magrittr, broom, readxl)
##
set.seed(20221206)

An der Seite des Kapitels findest du den Link Quellcode anzeigen, über den du Zugang zum gesamten R-Code dieses Kapitels erhältst.

28.2 Daten und Modell für den t-Test

Wichtig ist, dass wir schon jetzt die Modellschreibweise lernen um die Daten später richtig in R nutzen zu können. Wir werden die Modellschreibweise immer wieder sehen. Die Modellschreibweise ist die Art und Weise wie wir in R eine Abhängigkeit beschreiben. Wir brauchen dieses Konzept in den folgenden Kapiteln. In R heißt y ~ x auch formula, also eine Formelschreibweise. Damit ahben wir die Modellschreibweise \(y\) hängt ab von \(x\). Das \(y\) repräsentiert eine Spalte im Datensatz und das \(x\) repräsentiert ebenso eine Spalte im Datensatz. Wir brauchen also zwei Variablen \(y\) und \(x\), die natürlich nicht so heißen müssen.

\[ y \sim x \] Was brauchen wir damit wir den t-Test in R rechnen können? Später in der Anwendung nutzt du ja nur die Implementierung des t-Tests in R. Wir rechnen ja unsere Auswertung nicht per Hand. In R brauchen wir für den t-Test eine Spalte \(y\) mit kontinuierlichen Zahlen und einer Spalte \(x\) in dem wir einen Faktor mit zwei Leveln finden. Jedes Level steht dann für eine der beiden Gruppen. Das war es schon. Schauen wir uns nochmal den Datensatz flea_dog_cat.xlsx in Tabelle 28.1 an und überlegen, wie wir das realisieren können.

Tabelle 28.1— Tabelle der Sprunglängen [cm], Anzahl an Flöhen, Boniturnote sowie der Infektionsstatus von Hunden und Katzen.
animal jump_length flea_count weight grade infected
dog 5.7 18 2.1 8 0
dog 8.9 22 2.3 8 1
dog 11.8 17 2.8 6 1
dog 5.6 12 2.4 8 0
dog 9.1 23 1.2 7 1
dog 8.2 18 4.1 7 0
dog 7.6 21 3.2 9 0
cat 3.2 12 1.1 7 1
cat 2.2 13 2.1 5 0
cat 5.4 11 2.4 7 0
cat 4.1 12 2.1 6 0
cat 4.3 16 1.5 6 1
cat 7.9 9 3.7 6 0
cat 6.1 7 2.9 5 0

Jetzt bauen wir einmal den Zusammenhang zwischen den Schreibweise \(y \sim x\) und den beiden Variablen jump_length als \(y\) und animal als \(x\) aus dem Datensatz flea_dog_cat.xlsx nach. Wir haben also die formula Schreibweise in R als jump_length ~ animal.

Wir benötigen für den t-Test ein normalverteiltes \(y\) und einen Faktor mit zwei Leveln als \(x\). Wir nehmen daher mit select()die Spalte jump_length und animal aus dem Datensatz flea_dog_cat.xlsx. Wichtig ist, dass wir die Spalte animal mit der Funktion as_factor() in einen Faktor umwandeln. Anschließend speichern wir die Auswahl in dem Objekt data_tbl.

data_tbl <- read_excel("data/flea_dog_cat.xlsx") |> 
  mutate(animal = as_factor(animal)) |> 
  select(animal, jump_length)

data_tbl
# A tibble: 14 x 2
   animal jump_length
   <fct>        <dbl>
 1 dog            5.7
 2 dog            8.9
 3 dog           11.8
 4 dog            5.6
 5 dog            9.1
 6 dog            8.2
 7 dog            7.6
 8 cat            3.2
 9 cat            2.2
10 cat            5.4
11 cat            4.1
12 cat            4.3
13 cat            7.9
14 cat            6.1

Wir haben jetzt die Daten richtig vorbereiten und können uns nun mit dem t-Test beschäftigen. Bevor wir den t-Test jedoch rechnen können, müssen wir uns nochmal überlegen, was der t-Test eigentlich testet und uns die Daten einmal visualisieren.

28.3 Visualiserung der Daten

Bevor wir einen statistischen Test rechnen, wollen wir uns erstmal die Daten, die dem Test zugrunde liegen, visualisieren. Wir schauen uns in Abbildung 28.1 einmal den Boxplot für die Sprungweiten getrennt nach Hund und Katze an.

Wir sehen, dass sich die Boxen nicht überschneiden, ein Indiz für einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Im Weiteren liegt der Median in etwa in der Mitte der beiden Boxen. Die Whisker sind ungefähr gleich bei Hunden und Katzen. Ebenso sehen wir bei beiden Gruppen keine Ausreißer.

Wir schließen daher nach der Betrachtung der Boxplots auf Folgendes:

  1. Die Sprungweite ist für beide Gruppen ist annähernd bzw. approximativ normalverteilt.
  2. Die Standardabweichungen und damit die Varianzen \(s^2_{dog} = s^2_{cat}\) der beiden Gruppen sind gleich. Es liegt somit Varianzhomogenität vor.
Abbildung 28.1— Boxplot der Sprungweiten [cm] von Hunden und Katzen.

Manchmal ist es etwas verwirrend, dass wir uns in einem Boxplot mit Median und IQR die Daten für einen t-Test anschauen. Immerhin rechnet ja ein t-Test mit den Mittelwerten und der Standardabweichung. Hier vergleichen wir etwas Äpfel mit Birnen. Deshalb in der Abbildung 28.2 der Dotplot mit dem Mittelwert und den entsprechender Standardabweichung als Fehlerbalken.

Abbildung 28.2— Dotplot der Sprungweiten [cm] von Hunden und Katzen zusammen mit dem Mittelwert und der Stanardabweichung als Fehlerbalken.

Wir nutzen aber später häufig den Boxplot zur Visualisierung der einzelnen Gruppen. Über den Boxplot können wir auch gut abschätzen, ob wir eine annährende bzw. approximative Normalverteilung vorliegen haben.

28.4 Hypothesen für den t-Test

Ohne eine Hypothese ist das Ergebnis eines statistischen Tests wie auch der t-Test nicht zu interpretieren. Wir berechenen eine Teststatistik und einen p-Wert. Beide statistischen Maßzahlen machen eine Aussage über die beobachteten Daten \(D\) unter der Annahme, das die Nullhypothese \(H_0\) gilt.

Wie lautet nun das Hypothesenpaar des t-Tests? Der t-Test vergleicht die Mittelwerte von zwei Gruppen. Die Nullhypothese ist auch die Gleichheitshypothese. Die Alternativehypothese haben wir auch als Unterschiedshypothese bezeichnet.

Daher ergibt sich für unser Beispiel mit den Sprungweiten für Hunde- und Katzenflöhen folgende Hypothesen. Die Nullhypothese sagt, dass die mittleren Sprungweite für die Hundeflöhe gleich der mittleren Sprungweite der Katzenflöhe ist. Die Alternativehypothese sagt aus, dass sich die mittlere Sprungweite von Hunde- und Katzenflöhen unterscheidet.

\[ \begin{aligned} H_0: \bar{y}_{dog} &= \bar{y}_{cat} \\ H_A: \bar{y}_{dog} &\neq \bar{y}_{cat} \\ \end{aligned} \]

Wir testen grundsätzlich auf ein zweiseitiges \(\alpha\)-Niveau von 5%.

28.5 Der Student t-Test

Liegt ein normalverteiltes \(y\) vor und sind die Varianzen für die beiden zu vergleichenden Gruppen homogen \(s^2_{cat} = s^2_{dog}\), können wir einen Student t-Test rechnen. Wir nutzen dazu die folgendeFormel des Student t-Tests.

\[ T_{calc} = \cfrac{\bar{y}_{dog}-\bar{y}_{cat}}{s_{p} \cdot \sqrt{\cfrac{2}{n_{group}}}} \]

mit der vereinfachten Formel für die gepoolte Standardabweichung \(s_p\).

\[ s_{p} = \cfrac{s_{dog} + s_{cat}}{2} \]

Eigentlich wäre hier folgende Formel mit \(s_{p} = \sqrt{\frac{1}{2} (s^2_{dog} + s^2_{cat})}\) richtig, aber auch hier erwischen wir einen Statistikengel um es etwas einfacher zu machen.

Wir wollen nun die Werte für \(\bar{y}_{dog}\), \(\bar{y}_{cat}\) und \(s_{p}\) berechnen. Wir nutzen hierfür R auf die etwas komplizierte Art und Weise. Es gibt in R auch die Funktion t.test(), die für uns alles auf einmal macht, aber hier nochaml zu Fuß.

sum_tbl <- data_tbl |> 
  group_by(animal) |> 
  summarise(mean = round(mean(jump_length), 2), 
            sd = round(sd(jump_length), 2)) 

sum_tbl
# A tibble: 2 x 3
  animal  mean    sd
  <fct>  <dbl> <dbl>
1 dog     8.13  2.14
2 cat     4.74  1.9 

Wir erhalten durch die Funktion group_by() den Mittelwert und die Standardabweichung für die Sprungweite getrennt für die Hunde- und Katzenflöhe. Wir können damit die beiden obigen Formeln füllen.

Wir berechnen \(s_p\) wie folgt.

\[ s_{pooled} = \cfrac{2.14 + 1.9}{2} = 2.02 \]

Anschließend können wir jetzt \(s_p\) und die Mittelwerte sowie die Gruppengröße \(n_g = 7\) in die Formel für den Student t-Test einsetzen und die Teststatistik \(T_{calc}\) berechnen.

\[ T_{calc} = \cfrac{8.13- 4.74}{2.02 \cdot \sqrt{\cfrac{2}{7}}} = 3.14 \]

Wir erhalten eine Teststatistik \(T_{calc} = 3.14\) die wir mit dem kritischen Wert \(T_{\alpha = 5\%} = 2.17\) vergleichen können. Da \(T_{calc} > T_{\alpha = 5\%}\) ist, können wir die Nullhypothese ablehnen. Wir haben ein signifikanten Unterschied zwischen den mittleren Sprungweiten von Hunde- und Katzenflöhen nachgewiesen.

Soweit für den Weg zu Fuß. Wir rechnen in der Anwendung keinen Student t-Test per Hand. Wir nutzen die Formel t.test(). Da wir den Student t-Test unter der Annahme der Varianzhomogenität nutzen wollen, müssen wir noch die Option var.equal = TRUE wählen.

Die Funktion t.test() benötigt erst die das \(y\) und \(x\) in Modellschreibweise mit den Namen, wie die beiden Variablen auch im Datensatz data_tbl stehen. In unserem Fall ist die Modellschreibweise dann jump_length ~ animal. Im Weiteren müssen wir noch den Datensatz angeben den wir verwenden wollen durch die Option data = data_tbl. Dann können wir die Funktion t.test() ausführen.

t.test(jump_length ~ animal, 
       data = data_tbl, var.equal = TRUE)

    Two Sample t-test

data:  jump_length by animal
t = 3.1253, df = 12, p-value = 0.008768
alternative hypothesis: true difference in means between group dog and group cat is not equal to 0
95 percent confidence interval:
 1.025339 5.746089
sample estimates:
mean in group dog mean in group cat 
         8.128571          4.742857 

Wir erhalten eine sehr lange Ausgabe, die aucb etwas verwirrend aussieht. Gehen wir die Ausgabe einmal durch. Ich gehe nicht auf alle Punkte ein, sondern konzentriere mich hier auf die wichtigsten Aspekte.

  • t = 3.12528 ist die berechnete Teststatistik \(T_{calc}\). Der Wert unterscheidet sich leicht von unserem berechneten Wert. Der Unterschied war zu erwarten, wir haben ja auch die t-Test Formel vereinfacht.
  • p-value = 0.0087684 ist der berechnete p-Wert \(Pr(T_{calc}|H_0)\) aus der obigen Teststatistik. Daher die Fläche rechts von der Teststatistik.
  • 95 percent confidence interval: 1.0253394 5.7460892 ist das 95% Konfidenzintervall. Die erste Zahl ist die untere Grenze, die zweite Zahl ist die obere Grenze.

Wir erhalten hier dreimal die Möglichkeit eine Aussage über die \(H_0\) zu treffen. In dem obigen Output von R fehlt der kritische Wert \(T_{\alpha = 5\%}\). Daher ist die berechnete Teststatistik für die Testentscheidung nicht verwendbar. Wir nutzen daher den p-Wert und vergleichen den p-Wert mit dem \(\alpha\)-Niveau von 5%. Da der p-Wert kleiner ist als das \(\alpha\)-Niveau können wir wie Nullhypothese ablehnen. Wir haben einen signifikanten Unterschied. Die Entscheidung mit dem Konfidenzintervall benötigt die Signifikanzschwelle. Da wir hier einen Mittelwertsvergleich vorliegen haben ist die Signifikanzschwelle gleich 0. Wenn die 0 im Konfidenzintervall liegt können wir die Nullhypothese nicht ablehnen. In unserem Fall ist das nicht der Fall. Das Konfidenzintervall läfut von 1.025 bis 5.75. Damit ist die 0 nicht im Konfidenzintervall enthalten und wir können die Nullhypothese ablehnen. Wir haben ein signifikantes Konfidenzintervall vorliegen.

Wie wir sehen fehlt der Mittelwertsuntschied als Effekt \(\Delta\) in der Standardausgabe des t-Tests in R. Wir können den Mittelwertsunterschied selber berechnen oder aber die Funktion tidy() aus dem R Paket {broom} nutzen. Da der Funktion tidy() kriegen wir die Informationen besser sortiert und einheitlich wiedergegeben. Da tidy eine Funktion ist, die mit vielen statistischen Tests funktioniert müssen wir wissen was die einzelnen estimate sind. Es hilft in diesme Fall sich die Visualisierung der Daten anzuschauen und die Abbildung mit den berechneten Werten abzugleichen.

t.test(jump_length ~ animal, 
       data = data_tbl, var.equal = TRUE) |> 
  tidy() 
# A tibble: 1 x 10
  estimate estimate1 estimate2 statistic p.value parameter conf.low conf.high
     <dbl>     <dbl>     <dbl>     <dbl>   <dbl>     <dbl>    <dbl>     <dbl>
1     3.39      8.13      4.74      3.13 0.00877        12     1.03      5.75
# i 2 more variables: method <chr>, alternative <chr>

Wir erkennen als erstes den Mittelwertsunterschied zwischen den beiden Gruppen von 3.39 cm. Danach folgen die einzelnen Mittelwerte der Sprungweiten der Hunde und Katzenflöhe mit jeweils 8.13 cm und 4.74 cm. Darauf folgt noch der p-Wert als p.value mit 0.00891 und die beiden Grenzen des Konfidenzintervalls [1.03; 5.75].

28.6 Der Welch t-Test

Der t-Test ist auch in der Lage mit Varianzhetrogenität umzugehen. Das heißt, wenn die Varianzen der beiden Gruppen nicht gleich sind. Dadurch ändert sich die Formel für den t-Test wie folgt. Dann nennen wir den statistischen Test Welch t-Test.

\[ T_{calc} = \cfrac{\bar{y_1} - \bar{y_2}}{\sqrt{\cfrac{s^2_{y_1}}{n_1} + \cfrac{s^2_{y_2}}{n_2}}} \]

Wir sehen, dass sich die Formel etwas andert. Da wir nicht mehr annehmen, dass die Varianzen homogen und daher gleich sind, können wir auch keinen gepoolten Varianzschätzer \(s_p\) berechnen. Die Varianzen gehen einzeln in die Formel des Welch t-Tests ein. Ebenso müssen die beiden Gruppen nicht mehr gleich groß sein. Statt einen Wert \(n_g\) für die Gruppengröße können wir auch die beiden Gruppengrößen separat angeben.

Hier muss man noch bedenken, dass die Freiheitsgrade anders berechnet werden Die Freiheitsgrade werden wie folgt berechnet.

\[ df = \cfrac{\left(\cfrac{s^2_{y_1}}{n} + \cfrac{s^2_{y_2}}{m}\right)^2}{\cfrac{\left(\cfrac{s^2_{y_1}}{n}\right)^2}{n-1} + \cfrac{\left(\cfrac{s^2_{y_2}}{m}\right)^2}{m-1}} \]

Es ergibt keinen tieferen Sinn die obige Formel nochmal händisch auszurechnen. Die Zahlen ändern sich leicht, aber konzeptionell erhalten wir hier keinen Mehrwert. Deshalb schauen wir uns gleich die Umsetzung in R an. Wir nutzen erneut die Funktion t.test() und zwar diesmal mit der Option var.equal = FALSE. Damit geben wir an, dass die Varianzen heterogen zwischen den beiden Gruppen sind. Wir nutzen in unserem Beispiel die gleichen Zahlen und Daten wie schon im obigen Student t-Test Beispiel.

t.test(jump_length ~ animal, 
       data = data_tbl, var.equal = FALSE)

    Welch Two Sample t-test

data:  jump_length by animal
t = 3.1253, df = 11.831, p-value = 0.008906
alternative hypothesis: true difference in means between group dog and group cat is not equal to 0
95 percent confidence interval:
 1.021587 5.749842
sample estimates:
mean in group dog mean in group cat 
         8.128571          4.742857 

Wir sehen das viele Zahlen nahezu gleich sind. Das liegt auch daran, dass wir in unserem Daten keine große Abweichung von der Varianzhomogenität haben. Wir erhalten die gleichen Aussagen wie auch schon im Student t-Test.

Schauen wir uns nochmal die Ausgabe der Funktion tidy() an.

t.test(jump_length ~ animal, 
       data = data_tbl, var.equal = FALSE) |> 
  tidy() 
# A tibble: 1 x 10
  estimate estimate1 estimate2 statistic p.value parameter conf.low conf.high
     <dbl>     <dbl>     <dbl>     <dbl>   <dbl>     <dbl>    <dbl>     <dbl>
1     3.39      8.13      4.74      3.13 0.00891      11.8     1.02      5.75
# i 2 more variables: method <chr>, alternative <chr>

Wir sehen hier etwas besser, dass es kaum Abweichungen gibt. Alles egal? Nicht unbedingt. Das Problem ist eher das Erkennen von Varianzheterogenität in sehr kleinen Datensätzen. Kleine Datensätze meint Datensätze unter 30 Beobachtungen je Gruppe. Erst aber dieser Anzahl lassen sich unverzerrte Histogramme zeichnen und so aussagekräftige Abschätzungen der Varianzhomogenität oder Varianzheterogenität treffen.

Für das Erkennen von Normalverteilung und Varianzheterogenität werden häufig so genannte Vortest empfohlen. Aber auch hier gilt, bei kleiner Fallzahl liefern die Vortests keine verlässlichen Ergebnisse. In diesem Fall ist weiterhin die Beurteilung über einen Boxplot sinnvoller. Du findest hier mehr Informationen im Kapitel zum Pre-Test oder Vortest.

28.7 Der verbundene t-Test (Paired t-Test)

Im folgenden Datenbeispiel in Tabelle 28.2 haben wir eine verbundene Stichprobe. Das heißt wir haben nicht zehn Flöhe gemessen sondern fünf Flöhe. Einmal im ungefütterten Zustand unfed und einmal im gefütterten Zustand fed. Wir wollen nun wissen, ob der Fütterungszustand Auswirkungen auf die Sprungweite in [cm] hat.

Tabelle 28.2— Tabelle der Sprunglängen [cm] von fünf Flöhen zu zwei Zeitpunkten. Einmal wurde die Sprungweite ungefüttert und einmal gefüttert bestimmt. Die Daten liegen im Wide Format vor.
unfed fed diff
5.2 6.1 0.9
4.1 5.2 1.1
3.5 3.9 0.4
3.2 4.1 0.9
4.6 5.3 0.7

Wir nutzen folgende Formel für den paired t-Test für verbundene Stichproben.

\[ T_{calc} = \sqrt{n}\cfrac{\bar{d}}{s_d} \]

Wir können \(\bar{d}\) als Mittelwert der Differenzen der Variablen diff berechnen. Ebenso verfahren wir mit der Standardabweichung der Differenzen \(s_d\).

\[ T_{calc} = \sqrt{10}\cfrac{0.8}{0.26} = 6.88 \]

Um den die Funktion t.test()in R mit der Option paired = TRUE für den paired t-Test zu nutzen, müssen wir die Daten nochmal über die Funktion gather() in das Long Format umwandeln. Wir wollen nun wissen, ob der Fütterungszustand food_status Auswirkungen auf die Sprungweite in [cm] hat.

t.test(jump_length ~ food_status, 
       data = paired_tbl, paired = TRUE)

    Paired t-test

data:  jump_length by food_status
t = 6.7612, df = 4, p-value = 0.002496
alternative hypothesis: true mean difference is not equal to 0
95 percent confidence interval:
 0.4714866 1.1285134
sample estimates:
mean difference 
            0.8 

Die Ausgabe des paired t-Test ähnelt stark der Aussage des Student t-Test. Wir erhalten ebenfalls den wichtigen p-Wert mit 0.0025 sowie das 95% Konfidenzintervall mit [0.47; 1.13]. Zum einen ist \(0.0025 < \alpha\) und somit können wir die Nullhypothese ablehnen, zum anderen ist auch die 0 nicht mit in dem Konfidenzintervall, womit wir auch hier die Nullhypothese ablehnen können.

t.test(jump_length ~ food_status, 
       data = paired_tbl, paired = TRUE) |> 
  tidy() 
# A tibble: 1 x 8
  estimate statistic p.value parameter conf.low conf.high method     alternative
     <dbl>     <dbl>   <dbl>     <dbl>    <dbl>     <dbl> <chr>      <chr>      
1      0.8      6.76 0.00250         4    0.471      1.13 Paired t-~ two.sided  

Die Funktion tidy() gibt uns in diesem Fall keine neuen zusätzlichen Informationen. Wir können die Funktion aber nutzen um uns dann später für viele t-Test eine einheitliche Rückgabe zu erzeugen.

28.8 Freiheitsgrade im t-Test

Der t-Verteilung der Teststatistiken des t-Tests verhält sich nicht wie eine klassische Normalverteilung, die durch den Mittelwert und die Standardabweichung definiert ist. Die t-Verteilung ist nur durch die Freiheitsgrade definiert. Der Freiheitsgrad (eng. degree of freedom, abk. df) in einem t-Test mit zwei Gruppen mit den Fallzahlen \(n_1\) und \(n_2\) ist gegeben durch \(df = n_1 + n_2 -2\). Damit beschreiben die Freiheitsgrade grob die gesamte Fallzahl in einen Datensatz mit nur zwei Gruppen. Je mehr Fallzahl in den beiden Gruppen desto großer der Freiheitsgrad eines t-Tests.

Die Abbildung 28.3 visualisiert diesen Zusammenhang von Freiheitsgraden und der Form der t-Verteilung. Je kleiner die Freiheitsgrade und damit die Fallzahl in unseren beiden Gruppen, desto weiter sind die Verteilungsschwänze. Wie du sehen kannst, reicht die rote Verteilung mit einem Freiheitsgrad von \(df = 10\) viel weiter nach links und rechts als die anderen Verteilungen mit niedrigeren Freiheitsgraden. Daher benötigen wir auch größere \(T_{calc}\) Werte um ein signifikantes Ergebnis zu erhalten. Denn die Fläche unter der t-Verteilung ist immer gleich 1 und somit wandert dann der kritische Wert \(T_{\alpha = 5\%}\) immer weiter nach außen. Das macht ja auch Sinn, wenn wir wenige Beobachtungen vorliegen haben, dann brauchen wir größere Werte der Teststatistik um an einen signifikanten Effekt glauben zu können.

Abbildung 28.3— Die t-Verteilung für drei beispielhafte Freiheitsgrade. Je größer die Freiheitsgrade und damit die Fallzahl, desto näher kommt die t-Verteilung einer Normalverteilung nahe. Bei einer geringeren Fallzahl, müssen damit größere \(T_{calc}\) Werte erreicht werden um eine signifikantes Ergebnis zu erhalten, da mehr Fläche nach außen wandert.

Referenzen

Rasch D, Teuscher F, Guiard V. 2007. How robust are tests for two independent samples? Journal of statistical planning and inference 137: 2706–2720.